infraVelos Schnellweg-Schwindel

Wer für ein schlechtes Projekt keine guten Argumente hat, greift in seiner Not zu falschen.  Sehen wir uns an, wie infraVelo das macht:

 

1. Die Verkehrswende-Legende

„infraVelo unterstützt das Land Berlin und seine Bezirke dabei, neue Infrastrukturen für den Radverkehr zu schaffen. Damit stärken wir den Umweltverbund und tragen zur Mobilitätswende in Berlin bei“, steht auf https://www.infravelo.de/.

„Damit stärken wir den Umweltverbund“ ist beim Teltow-Weg glatt geschwindelt: Hier soll auf über 6.000 Metern Gehraum eingeschränkt und auf 1.450 Metern heutiger Grünwege das Gehen sogar komplett untersagt werden. Auf insgesamt 7630 Metern wird Raum, der bisher zwei Mitgliedern des Umweltverbunds zur Verfügung steht, von einem monopolisiert. 

Richtig ist: Der Teltowkanal-Weg schwächt und spaltet das, was bisher Umwelt“verbund“ heißt.

Im obigen Zitat ist auch „tragen (wir) zur Mobilitätswende in Berlin bei“ eine Behauptung, die infraVelo selbst widerlegt. Mobilitätswende bedeutet nach allgemeinem Verständnis, dass Autoverkehr und sein Raum eingeschränkt werden. In der Machbarkeitsuntersuchung zum RSV 6 lehnt infraVelo jedoch genau das mehrfach ab: 

  • Eine Alternativroute wird mit der Begründung verworfen: „Der Variantenvergleich zwischen der derzeitigen Vorzugstrasse und der westlichen Alter­nativvariante ergab, dass mehr als doppelt so viele Kraftfahrzeug-Stellplätze wegfallen würden…“ 
  • Kfz-Verkehrsmengen werden als gegeben unterstellt, man will sie nicht per Radschnellweg verringern: „Abschnitte mit Kraftfahrzeug-Prognosen oder Zählungen, die eine sichere Radinfrastruktur nicht ermöglichen, wurden ebenfalls nicht weiter untersucht.“ 
  • Schließlich schreibt infraVelo, die Trasse werde „zu etwa 71 Prozent auf Sonderwegen – separate Wege abseits des Kraftfahrzeug-Verkehrs – geführt (verglei­che Tabelle 1). Dies ermöglicht ein sicheres und entspanntes Vorankommen für die Rad­fahrenden sowie eine Entlastung des Straßenverkehrs für die Kraftfahrzeug-Fahrenden.“ Kurz: Straßen sollen vom Radverkehr entlastet werden, damit fürs Auto mehr Raum bleibt.

Kurz: Der Teltowkanalweg ist autofreundlich geplant. Er soll die Verkehrswende ausbremsen, nicht befördern.  

2. Der Verkehrszählungs-Schwindel

Im Untersuchungsbericht zur Machbarkeitsuntersuchung vom 18.6.2019 schreibt infraVelo: 

„Nördlich der Königsberger Straße wurde am 06.06.2019 auf dem vorhandenen Uferweg eine Verkehrszählung durchgeführt. Im Querschnitt wurden innerhalb von 24 Stunden 492 Fußgänger und 708 Radfahrende erfasst.“ 

Der 6.6.2019 war ein Donnerstag. Die Behauptung, hier werde mehr Rad gefahren als gegangen, ist so unseriös, als wenn wenn wir aus den Bildern hier schließen würden: Radfahrer? Ein paar Einzelne, für die ein Schlauchpfad am Rand reicht.

Kurz: infraVelo suggeriert mit Willkürzahlen eine Radfahrer-Mehrheit, an deren Existenz man zweifeln darf.

3. Der Entspannungs-Unsinn 

Am 16.2.2022 twitterte infravelo: „Mit der RSV wird immer ein separater Bereich für den Fußverkehr geschaffen. Konflikte werden somit entschärft und die Nutzung entspannter für alle."

Genauso gut könnte man Gentrifizierung als „Entschärfen von Sozialkonflikten“ bezeichnen: Wenn die Schwächeren endlich aus dem Weg geräumt sind, stören sie nicht mehr. MIt dem "separaten Bereich" ist der 2 bis 2,7 Meter schmale Streifen gemeint, auf dem sich künftig die Kanalweg-Unterschicht zu Fuß quetschen soll. Wir haben hier einige Menschen aus den Bildern oben genommen sowie infraVelos Idealquerschnitt auf einem Musterweg in Schöneberg. 

Es wird eben nicht „die Nutzung entspannter für alle“, wenn für die an vielen Tagen mit Abstand größte Nutzergruppe nur noch halb so viel Raum zur Verfügung steht. Es wird auch nicht entspannter, wenn zu einem Schnellweg nur ein „Sicherheitsstreifen“ von 30 Zentimetern Breite besteht, der zudem von Hektikern und Drängeln immer wieder überfahren kann. 

Kurz: Infravelo erklärt harte Verdrängung zur Idylle

4. Die Böschungs-Täuschung

Am Teltowkanal gibt es nach den Skizzen von infraVelo (Quelle: Machbarkeitsuntersuchung) gibt es zwischen dem 4 bis 5 Meter breiten Promenadenweg und der Uferböschung einen brachliegenden, etwa 2,5 Meter breiten Saum, so dass Radschnellweg und Gehweg schadlos für Bäume und Böschung angelegt werden können. Tatsächlich existiert ein solcher Saum neben dem größten Teil des Uferwegs nicht, sondern dieses ist unmittelbar neben dem Weg bewachsen und fällt hier steil ab - siehe Bild oben. Es sind weit rabiatere Eingriffe nötig, als die Machbarkeitsuntersuchung suggeriert. Den Bäumen im Bild oben und hunderte weiteren droht die Säge.

Kurz: Mit Skizzen, die der Wirklichkeit widersprechen, versucht infraVelo vom geplanten Baum-Massaker abzulenken.

Bestand: infraVelo tut so, als wäre neben dem heutigen Weg ein breiter Streifen (Pfeil). Wie es wirklich aussieht, zeigt die Skizze darunter: Die Böschung fällt an vielen Stellen direkt am Weg steil ab. 

Planung: infraVelo tut so, als könne die dicht bewachsene Uferböschung erhalten bleiben (obere Skizze). Tatsächlich muss hier massiv gerodet, aufgeschüttet und planiert werden (unten).

5. Die Bäume-Lüge

infraVelo nennt in seiner "Analyse der Vorzugstrasse" angeblich "Verluste von rund 270 Einzelbäumen". Wir haben überschlägig alle Bäume mit einem Stammdurchmesser ab 10 Zentimeter gezählt. Es sind nicht 270, sondern 653 - zweieinhalb mal so viele. Hier sind die Standorte aufgelistet.

Kurz: infraVelo redet die geplante Naturzerstörung klein.